Das Wohnzimmer der  Nachbarschaft

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt ordentlich durchgeschüttelt. Jetzt, nach dem Ende der Pandemie, überdenken Unternehmen und Mitarbeiter, wie sie in Zukunft arbeiten wollen. Dabei geht es, weiß David Turnbull,  insbesondere darum, wie und wo man am besten produktiv sein kann. Er und seine Mitstreiter haben mit Denizen House und Denizen Spaces eine Idee entwickelt – den „Raum mit Dienstleistung“. Er soll Gastfreundschaft und Technologie im Bereich der Gewerbeimmobilien einführen und so Raum, Service und Community in einem urbanen Umfeld zusammenbringen.

Der Unterschied zu den bereits im großen Stile bereitstehenden Co-Working-Angeboten ist für David Turnbull ganz klar: Beim Co-Working ist das Büro das Produkt. Turnbulls Unternehmen Simplify Places mit dem Denizen House in Berlin-Kreuzberg und den Denizen Spaces geht deutlich weiter. Denizen wird aus dem englischen meist mit Einwohner, Bewohner oder auch Stammgast übertragen. Alle drei Übersetzungen passen auf Denizens Mission: Ein Wohnzimmer für die Nachbarschaft zu sein, ein Anlaufpunkt für Arbeit und Freizeit, der mit hauseigener App und einem Concierge-Service aufwartet.

Simplify PlacesTurnbull ist Schotte, lebt seit 2003 in Berlin und ist beruflich seit langem an allen „Fronten“ des Hospitality Business unterwegs. Für ihn heißt die grundlegende Frage zur Zukunft der Arbeit: „Wie muss ein Raum sein, um darin am besten produktiv sein zu können?“ Es ginge nicht mehr um Tischkicker oder Kaffee. Nach Covid und der Entdeckung des Homeoffice wollen Mitarbeiter selbstbestimmter arbeiten, produktiv und kreativ sein, mit Gleichgesinnten arbeiten, die nicht immer unbedingt Arbeitskollegen sein müssen. „Productivity“ gehört demzufolge zu den Lieblingsworten Turnbulls. Ein anderes ist „daily pains“ – die Alltagspflichten. Die erledigen sich selbst im besten Homeoffice oder Co-Working-Space nicht von selbst.

Mit dem Denizen House ist nun ein Ort entstanden, der Anwohnern und Unternehmen auf ihre professionellen Bedürfnisse zugeschnittene Dienstleistungen und Freizeitangebote offeriert. Als eine Lobby für den Kiez bietet es den „Denizens“, Nachbarn wie Stammgästen, einen Ort abseits von Wohnung oder Büro, der mit einem Concierge, einem Café, flexiblen Arbeitsplätzen sowie einer offenen Lounge und einem Self-Care-Studio mit Duschen und Umkleideräumen aufwartet. Abendveranstaltungen und Kurse, darunter Tastings, Zusammenkünfte, Yoga und Fitnesskurse ergänzen das Angebot. Denizen House ist ein von Montag bis Freitag geöffneter, leicht zugänglicher Ort, der tageweise oder im monatlichen Abonnement genutzt werden kann.

Ergänzt wird es durch die Denizen Spaces, einem zirkulären virtuellen Marktplatz. Der soll lokale Unternehmen, die über temporär ungenutzte Büroflächen verfügen, mit Einzelnen und Teams zusammenbringen, die Schreibtische, Büros und Meetingräume zum konzentrierten oder gemeinsamen Arbeiten, für Workshops oder Tagungen kurzfristig und auf Abruf suchen. Zusätzlich können weitere Dienstleistungen wie Caterings oder ein organisiertes Rahmenprogramm hinzugebucht werden. Nach „Plattform as a Service“ und „Software as a Service“ nun also „Space as a Service“.

Gründungspartner sind neben David Turnbull Michael End, Darja Gogunova und David Gregor mit Expertise aus Hotellerie, Tech-Entwicklung und Daten-Analytik. Alle waren Führungskräfte und Berater für eine Vielzahl von Hotel-, Reise- und Einzelhandelsunternehmen und an der Entwicklung einiger der erfolgreichsten Marken im Gastgewerbe Europas beteiligt. In den ersten zehn Monaten nach ihrer Einführung verzeichnete die Denizen-App 20.000 Downloads. 16.000 Quadratmeter Büroflächen stehen hier derzeit  kurzfristig zur Verfügung. Das Denizen House in Berlin-Kreuzberg begrüßt mittlerweile 800 aktive Mitglieder. Bis 2026 plant Denizen, 24 Nachbarschaften der DACH-Region über Denizen Spaces und Houses zu vernetzen.

Seit Ende 2019 unterstützt die MBG das Unternehmen. „Mein erster Pitch auf Deutsch“, erinnert sich Turnbull, „and a great meeting”. „Quality & Care bei der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg sind bemerkenswert. Man ist uns mit großem Enthusiasmus begegnet. Mit der MBG haben wir einen Partner, wenn wir ihn brauchen.“

Fotos: Simplify Places