Plug and Play

Werkstattmodul PlugVan
Das Werkstatt-Modul von PlugVan

Fast zwei Millionen Deutsche besitzen ein Wohnmobil. „Die meisten davon“, sagt Jörg Kortmann, „werden maximal vier bis sechs Wochen im Jahr genutzt. Ansonsten stehen sie rum.“ Keine gute Auslastung, dachte sich der Wirtschaftsingenieur – und hatte eine Idee. Jörg Kortmann, selbst begeisterter Wohn­mobilbesitzer, kennt das Problem. Warum also nicht existierende Kleintransporter mehr­fach und flexibel nutzen, indem man den Laderaum durch unterschiedliche Module in ein Wohnmobil, ein mobiles Büro oder eine Werkstatt umrüstet?

Wohn- Office- und Werkstattmodul zum Einschieben

„Jeder Handwerker hat einen Kleintransporter, Logistikdienstleister nutzen sie, die Pandemie hat das mobile Büro in den Fo­kus gerückt“, erzählt Kortmann. Braucht man für drei Nutzungen drei unterschiedliche Fahrzeuge? Nein, dachte sich der Logistikberater. 2017 entsteht seine Idee zu PlugVan, einem flexiblen Wohn-, Office- oder Werkstattmodul, das mit dem dazu­gehörigen Montagewagen innerhalb von fünf Minuten in den Laderaum eines belie­bigen Kleintransporters der 3,5-Tonnen-Klasse bis eingeschoben werden kann.

Mit Skizzen und einem ersten Prototyp aus Holz wandte sich Kortmann zunächst an die DEKRA, um zu sehen, was die Tech­niker davon halten. „Die schauten verwun­dert, gaben dann aber wertvolle Hinweise“, erinnert er sich. Auch potenzielle Partner wie Hersteller oder Geldgeber waren erst einmal zurückhaltend. „Gerade die Herstel­ler kriegen jeden Tag Ideen auf den Tisch. Die betrachten dich anfangs wie Daniel Düsentrieb“, erzählt Jörg Kortmann.

Bis zu 550 Einzelteile pro Wohnmodul
In fünf Minuten vom Werkstattwagen zum Wohnmobil mit dem PlugVan Wohnmodul. Fotos: © PlugVan

Drei Jahre tüftelt er mit Produktdesignern an einem Wohnmodul. Im „Firmenmuse­um“ – einer Halle im ehemaligen Volks­polizei-Fuhrpark in Pankow – kann man unzählige Skizzen für den Innenausbau und die daraus entstandenen Module anschauen. Wie klappt man ein Bett aus auf so kleinem Raum? Wohin kommen Tisch, Küche oder Gepäck? Allein 13 Ent­würfe beschäftigen sich mit dem Ausklap­pen des Bettes. Jede einzelne Funktion, jedes Material bis hin zur letzten Schraube ist bis ins kleinste Detail durchdacht. Bis zu 550 verschiedene Teile werden in jedem Wohnmodul verbaut – von der Aluminium-Rahmenkonstruktion über die Holzmöbel und deren Polster bis hin zu Elektrik, Kühl­schrank und Stauraum.

Phänomenales Feedback

Drei Jahre hat Kortmann von Erspartem gelebt, weil er an seine Idee geglaubt hat. Das Feedback auf der CMT 2019 – der größten Publikumsmesse für Freizeit und Tourismus in Stuttgart – war phänomenal. Mit roten Klebepunkten markierten die Be­su­cher in drei Spalten „toll, weniger toll und nicht interessant“. „In den letzten beiden Spalten ist nichts“, sagt Kortmann und zeigt zufrieden auf den Zettel, der noch immer neben dem Ur-Modul hängt. Inzwischen besteht Kapazität für bis zu 250 Wohnmodule pro Jahr im Montagebetrieb. „Das Wohnmodul ist der Renner“, weiß Kort­mann, „aber der Werkstatt-Markt hat sicher noch größeres Potenzial. Mit wechselnden Modulen kann man die Auslastung von Transportern um bis zu 90 Prozent erhö­hen.“ Deshalb wurde die Idee auch mit dem „European Innovation Award“ in der Kate­gorie Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Höhe­re, flexiblere Auslastung bedeutet weniger Neufahrzeuge.

Auch die MBG ist von der Idee begeistert und beteiligt sich am Unternehmen. „Da­durch können wir in der jetzigen Marktsituation zum Beispiel mutiger Lagerbestände einkaufen“, sagt Kortmann. Und ergänzt. „Es ist gut, dass es die MBG gibt. Gerade in Berlin, wo alle nur den nächsten großen Tech-Invest suchen. Wir brauchen Inves­toren, die für alle Branchen, Vorhaben und Summen offen sind.“