Laden auf der grünen Wiese

In Deutschland sollen bis 2030 etwa zehn Millionen Elektroautos zugelassen sein. Das ist das ausgeschriebene Ziel der Bundesregierung. Was aktuell noch viele Verbraucher vom Umstieg auf E-Mobilität abhält, das ist die fehlende Ladeinfrastruktur – insbesondere in ländlichen Gegenden. Hier setzt me energy an: Das Unternehmen aus Wildau ermöglicht mit seinen stromnetzunabhängigen Ladestationen das Laden auf der grünen Wiese.

„Man kann es sich als grünes Blockheizkraftwerk vorstellen, das Strom fürs Auto erzeugt“, fasst Alexander Sohl die Wirkweise der Ladestationen kurz zusammen. Der studierte Chemieingenieur und Wirtschaftswissenschaftler hat me energy gemeinsam mit Ines Adler vor drei Jahren gegründet. Die Idee, die in den Ladestationen steckt, kam ihm bei der Arbeit für Bosch, wo er an Batterielösungen für Autos getüftelt hat. Als er seinen Entwurf einer stromnetzunabhängigen Ladestation seinen Chefs vorstellte, winkten sie ab. „Kein Interesse.“ Sohl verfolgte die Idee trotzdem weiter, kündigte schließlich seinen Job und gründete sein eigenes Unternehmen.

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Strom wird dann erzeugt, wenn er gebraucht wird. Am Rapid Charger 150 können parallel zwei E-Autos geladen werden. Fotos: © me energy

Was die Rapid Charger von me energy von anderen Ladestationen unterscheidet, ist die autarke Stromerzeugung im Inneren. In jede Station passen 2.000 Liter Ethanol. Sie werden in Strom umgewandelt, sobald ein Auto zum Laden angeschlossen wird. Der Strom steht zur Verfügung, ohne das allgemeine Stromnetz zu beanspruchen. Dies erweist sich insbesondere in strukturschwachen Regionen als großer Vorteil. Aber auch an Orten, an denen das Stromnetz bereits stark belastet ist wie z. B. in Städten. „Wir brauchen nur eine Fläche, die das Gewicht tragen kann, mehr nicht“, erzählt Sohl. Voll wiegen die Charger etwa neun Tonnen. Zwei Autos können gleichzeitig geladen werden. „Die Menge reicht für etwa 20.000 Kilometer oder 200 Pkw-Ladungen“, erklärt der Geschäftsführer, der selbst seit 2016 nur noch im E-Auto unterwegs ist.

Durch die 150 Kilowatt Ladeleistung ist der Ladevorgang auch deutlich schneller. Die Menge, die eine Wallbox in fünf oder eine Haushaltssteckdose in 20 Stunden lädt, schafft der Rapid Charger in zehn bis 15 Minuten. Für die Kunden soll das Gefühl einer „normalen Tankstelle“ entstehen. Ranfahren, Tanken, Wegfahren – alles erledigt innerhalb einer Viertelstunde. Gezahlt wird direkt am Gerät via Karte oder App.

50 dieser Ladestationen hat das 26-köpfige Team dieses Jahr produziert. Etwa sechs Wochen dauert der Produktionszyklus. Zusammengebaut werden sie im Technologie- und Wissenschaftspark Wildau. Fürs nächste Jahr sei eine Verdopplung realistisch, sagt Alexander Sohl, vielleicht sogar eine Verdreifachung. 2,5 Millionen Euro hat er in den Ausbau von me energy investiert – gemeinsam mit zwei Hausbanken und der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg. „Die Institutionen in Brandenburg waren immer daran interessiert, uns als junges Unternehmen zu fördern“, freut er sich.

Damit die Anlagen grünen Strom produzieren, werden sie mit flüssigem Bio-Ethanol befüllt, der aus Pflanzen hergestellt wird. „Bio-Masse ist ein wichtiger Energieträger“, erklärt Sohl. In Deutschland werden Reste aus der Futtermittelproduktion für die Kraftstoffherstellung eingesetzt. „Eine Konkurrenz zwischen Tank und Teller besteht nicht“, betont er.

Die Nachfrage nach den Rapid Chargern, die am Bestimmungsort innerhalb von vier Stunden aufgestellt, befüllt und startklar gemacht werden können, sei enorm, erzählt Alexander Sohl. Für die Zukunft sieht er Potential zur Expansion nicht nur in Deutschland, sondern vor allem in Südeuropa: „Bei uns ist das Stromnetz noch vergleichsweise gut ausgebaut“, erzählt er. Im Süden sei das nicht der Fall. Dort könnten die Schnellladestationen von me energy einen entscheidenden Beitrag zur Mobilitätswende leisten.

Der Ideenreichtum des Gründers wurde bereits mit zahlreichen Preisen gewürdigt, darunter dem StartGreen Award, dem German Design Award, dem Science4Life Award und vor Kurzem erst dem Handwerkspreis der Bürgschaftsbanken in Brandenburg.