Von der Druckerei zum Medienunternehmen

Druckerei, das klingt für Paul Kündiger altmodisch und staubig. Im März 2020 hat er die Druckerei Königsdruck in Reinickendorf übernommen und formt sie nun zu einem modernen Medienunternehmen.

Seine Mütze ist inzwischen so etwas wie ein Markenzeichen geworden. Selbst zum Anzug trägt Paul Kündiger die Baseballkappe. Eine kleine Reminiszenz an die Anfänge seines Unternehmerlebens im Umfeld der Musikindustrie. Die anderen Markenzeichen sind Leidenschaft, Qualität und Erfahrung, mit der der 43-Jährige seit 2002 Drucksachen produziert. Im Jahr 2020 hat er die renommierte Druckerei Königsdruck übernommen und formt sie nun zu einem modernen Medienunternehmen. Im selben Jahr ist er zum „Drucker des Jahres“ gekürt worden.

Angefangen hat alles bereits 2002. Auch als Lehramtsstudent brauchte man Geld. Und da Kündiger enge Verbindungen zur Berliner Hip Hop-Szene hatte, entstand schnell die Idee, Drucksachen und sogenannte Merchandise-Produkte wie T-Shirts oder Aufkleber zu entwickeln und zu produzieren. Noch als Student gründet Kündiger mit einem Freund eine Agentur für deren Produktion. „Ich habe mich eigentlich schon immer als Unternehmer gesehen,“ erzählt der Berliner. Schnell merken die beiden Studenten, dass besonders mit den Aufklebern Geld zu verdienen ist. „Das war interessant, weil viele Druckereien das gar nicht konnten“, erinnert er sich.

Mit „DeineStadtklebt.de“ spezialisierten sie sich darauf, entwickelten ein Sammeldrucksystem – Aufkleber vieler Kunden auf einem Druckbogen – und einen Online-Shop. „Dadurch sind wir mit vielen Druckereien in Kontakt gekommen”, erzählt Kündiger. Unter anderem mit Königsdruck in Reinickendorf, gegründet 1996 von Olaf König und mit besonders gutem Ruf, wenn es um hochwertige und besondere Printprodukte geht. König ließ in einem Gespräch irgendwann fallen, dass er ans Aufhören denkt und keinen Nachfolger hat.

Das Druckvolumen bei „DeineStadtklebt.de“ war zu dieser Zeit bereits so stark gewachsen, dass man sich für deren Druck nicht mehr „so zwischendurch“ in Druckereien einmieten konnte. Die eigene Druckerei war die logische Konsequenz. Mit Königsdruck hatte Kündiger bereits lange zusammengearbeitet. Und so wird Kunde Kündiger im März 2020 zum Königsdrucker. „Zwei völlig unterschiedliche Unternehmen“, erinnert er sich. „Die jungen wilden Stadtkleber, digitalaffin mit hohem Wissensdurst auf der einen und die Druckfachkräfte mit Jahrzehnten von Know-how auf der anderen Seite.“ Kündiger empfand das als spannende und vielversprechende Kombination mit hohem Potenzial. Und wusste: der Vereinigungsprozess würde Zeit in Anspruch nehmen.

März 2020? „Richtig“, sagt Kündiger, „zwei Wochen später gingen die Lichter aus und die Rollläden runter: Corona.“ 2.500 Quadratmeter, 50 Mitarbeiter und was nun? „Hätten wir Klopapier bedruckt, hätten wir 2020 auch einen Gewinn eingefahren. Aber Aufkleber liefen auch gut in der Pandemie.“, schmunzelt Kündiger bei der Erinnerung. Doch die Zeit wird auch anders genutzt. Schon das Wort Druckerei findet Paul Kündiger altmodisch und staubig. Also wird eine Strategie entwickelt, eine neue Marke kreiert, die die Generationen intern zusammenführen und das Unternehmen zu einem „modernen Medienunternehmen“ formen soll. Der Maschinenpark wird mit Hilfe der MBG modernisiert. „Unsere Ideen tragen langsam Früchte“, resümiert der ehemalige Lehramtsstudent.

Kündiger will mit seinen Mitarbeitern den gesamten „analogen und digitalen Blumenstrauß“ an Druckleistungen anbieten. Längst wird hier nicht mehr nur gedruckt, sondern auch digitale Programme für den Druck entwickelt. Wie verbindet man digitales und analoges Drucken? Mit speziellen Methoden auf Drucksachen zum Beispiel. Im Ausstellungskatalog könne mit Hilfe einer speziellen Anwendungsmethode mit der Kamera des Mobiltelefons und sogenannten Augmented-Reality-Lösungen Ausstellungsstücke in 3D dargestellt und mit zusätzlichen Informationen versehen werden.

Aber auch ganz klassisch geht es weiter: Hochwertige Marken wie Bugatti lassen bei Königsdruck drucken, die Kunstkataloge des namhaften Berliner Auktionshauses Grisebach entstehen hier und gehen in alle Welt. Auch ein Nachbar und weiteres MBG-Unternehmen lässt seine Kataloge hier fertigen: die Berliner Seilfabrik. „Das sind gigantische Kataloge“, lacht Kündiger, „wie ein Brockhaus, mit sehr viel Detailarbeit.“

Und als ob Krisen und Transformationen nicht genug sind, lehrt Kündiger als Dozent angehende Medienfachwirte. „Das Lehrer-­Gen“, erzählt er, stecke wohl noch immer in ihm.

Foto: Jan Northoff